sehrgut.de

archiv: berlin 1998
Made in Berlin
sehrgut.mail
user
pass

Hans Hemmert

--> english
hemmert_1hemmert_2
    Hans HemmertHans Hemmert hat all die Räume, in denen er sich meistens aufhält, einmal ausgeblasen und sich hineingesetzt: zu Hause, im Auto und im Atelier. Befremdlich war das nicht nur für ihn, sondern auch für uns als Betrachter, die er mittels der Leuchtkästen in den gelben Raum mit hinein geholt hat. Das Zuhause (1995) in Neukölln scheint vom Bewohner weit entfernt, obwohl es doch nur durch eine dünne gelbe Latexhülle von ihm getrennt ist. Diese Hülle aber definiert einen anderen Raum, einen Raumschiffraum, der die Frage nach dem Ausgang unbeantwortet lässt. Gegenstände, Wände, Decke und Boden verbinden sich durch den gelben Latex, der sie sich nach innen fliessend abzeichnen lässt. Sie sind nicht mehr eindeutig zu identifizieren und voneinander zu trennen. Der neue Raum, der entsteht, ist organisch, mit diesem einzigen Lebewesen in seinem Inneren fast uterin. Im Auto ist Hans Hemmert Unterwegs (1996), er fährt, ohne zu sehen. Man sitzt hinten drin, ist ihm ausgeliefert, sieht das Licht von vorne rechts kommen, ahnt Schlimmes aber die gelbe Hülle umfängt sanft, lässt mehr lautlos schweben als fahren, wahrscheinlich doch eher der Sonne entgegen und nicht dem grossen Bus. ähnlich unzugänglich sind die Dinge Im Atelier (1997) geworden. Die Räume wehren sich gegen ihre Benutzung, Hände und Blicke gleiten an ihren Ausformungen ab. Durch die sich an ihn drängende Latexhülle ist der Raum im herkömmlichen Sinne sinnlos geworden solange die Luft reicht.
    Nachdem ihm nun die alltäglichen Räume nicht mehr reichen, schafft Hans Hemmert sich selber einen mobilen Raum und sperrt uns als Betrachter endgültig aus. Von aussen betrachtet, scheint der gelbe Latex undurchsichtig zu sein, er bringt den Künstler in seinem Inneren zum verschwinden. Durch die vorherigen Bilder der ausgeblasenen Innenräume kann man allerdings davon ausgehen, dass er sich tatsächlich dort befindet und uns zumindest schemenhaft sieht. Darum geht es aber offensichtlich nicht: Er will nicht sehen, er versucht, der Aussenwelt durch Zugriff habhaft zu werden. Obwohl er Dinge, Menschen greifen, umarmen und umfangen kann, ist doch die Verbindung nicht möglich. Immer nur ein Stück weit können Hände oder auch Füsse aus der prall mit Luft gefüllten Blase hervordringen. Die Ausdehnung des Körpers wird zwar scheinbar erweitert - Innen ist nicht mehr nur im Körper, sondern auch im Ballon -, aber die ihn umgebende Hülle versperrt ihm den Zugang zum Aussen. So kann er zwar eine gelbe Skulptur passend zu Leiter (1997) sein, die Leiter benutzen kann er nicht - sich noch nicht einmal von ihr befreien, ohne wie ein Käfer auf den Rücken zu fallen. Eine passende Skulptur, zur Passivität und Anpassung verdammt. Das erinnert an das Unbehagen gegenüber den Dingen, deren Eigenleben einem immer wieder unheimlich ist. Die klare Aufteilung der Welt in Subjekte und Objekte ist schon lange aufgelöst, und so stolpern wir alle wie gelbe Skulpturen mehr oder weniger passend durch die Welt.





    Hans Hemmert

  • Geboren 1960 in Hollstadt
  • 1983 - 89 Studium an der Hochschule der Künste Berlin und der St Martins School of Art in London
  • Lebt und arbeitet in Berlin

    Stipendien und Preise:
  • 1989 Preis der Jürgen Ponto Stiftung, Frankfurt/Main
  • 1991 Arbeitsstipendium der Senatsverwaltung für Kultur, Berlin
  • 1996 Arbeitsstipendium des Kunstfonds e.V., Bonn
  • 1998 Arbeitsstipendium der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin

    Einzelausstellungen (Auswahl)
  • 1997 jugend ohne gummistiefel, Galerie Gebauer, Berlin
  • 1995 das machÕ ich doch mit links, Galerie Gebauer und Günther, Berlin
  • 1993 meta res sua, Galerie Gebauer und Günther, Berlin
  • 1992 Albrecht Dürer Gesellschaft, Nürnberg
  • 1991 a little life, Galerie Vincenz Sala, Berlin
    Galerie Apunto, Amsterdam (NL)
    Galerie Wang, Oslo (N)

    Gruppenausstellungen (Auswahl)
  • 1998 Statement, Galerie Gebauer, Art 98, Basel (CH)
    Dessins, Gallerie Almine Rech, Paris (F)
    Sehen, sehen, Schlegelstrasse, Berlin
  • 1997 Photography in Europe, Green on Red Gallery, Dublin (IRL))
    installation view, Art Chicago, Chicago (USA)
  • 1996 nach weimar, Kunstsammlung zu Weimar, Weimar*
    Laboratorium Grenzenlos: Berlin in Moskau, Contemporary Art Center, Moskau (RUS)
    Luft, Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden
    Frozen Time, Galerie Gebauer und Günther, Berlin
  • 1995 Förderkoje der Galerie Gebauer und Günther, Berlin, Art Cologne, Köln
    OCCHIO Konzepte der Zeichnung, Galleria Marco Noire, Turin (I)
    Urbane Legenden Berlin, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden*
  • 1993 Airport, International Airport Helsinki (FIN)
  • 1992 Blue Velvet, Galerie Gebauer und Günther, Berlin
    interVIEW, Muzeum Artystow (ArtistÕs Museum), Lodz (PL)
  • 1991 Interferenzen, Kunst aus West-Berlin, Riga; Ethnographisches und Anthropologisches Museum, Sankt Petersburg (RUS)*
  • 1990 1,2,3, Wewerka & Weiss Galerie, Berlin
    Jetzt Berlin, Malmö Konstmuseet, Malmö (S)
    Ceterum Censeo, Künstlerhaus Bethanien, Berlin
  • 1989 Neue Skulptur Berlin, Galerie Cintric, Antwerpen (B)*
    Royal Academy School, London (GB)
    Jürgen Ponto Stiftung, Frankfurter Kunstverein, Frankfurt*

    [Gunda Förster] [Hans Hemmert] [Sabine Hornig] [York der Knöfel] [Michel Majerus]
    [Antje Majewski] [Olaf Nicolai] [Manfred Pernice] [Daniel Richter]

Maria Marangou,
Birgit Hoffmeister:
dank
Maria Marangou:
preface
Birgit Hoffmeister:
im wandel der zeit
Peter Herbstreuh:
hier und jetzt
credits

künstler der ausstellung:
gunda förster
hans hemmert
sabine hornig
york der knöfel
michel majerus  
antje majewski
olaf nicolai
manfred pernice
daniel richter

Sabel GUISSÉ
Koh Tao: land for sale